Beschreibung des Oberamts Herrenberg/Kapitel B 7

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Gärtringen,
Gemeinde II. Klasse, mit 1582 Einwohnern, worunter 4 Katholiken. – Evangelische Pfarrei; die Katholiken sind nach Altingen eingepfarrt.
Auf der weitgedehnten Muschelkalkebene (Gäu) liegt mit einer Erhebung von 1677 Fuß über die Meeresfläche, an einem ganz sanft gegen Süden geneigten Abhange, das ansehnliche, ziemlich regelmäßig gebaute Pfarrdorf, dessen Wohnungen meist ein wohlhäbiges Aussehen haben und in einem ächt ländlichen Styl, aus Holz mit steinernen Unterstöcken, erbaut sind. Breite, meist gekandelte Straßen durchziehen den Ort, der mit seiner im östlichen Dorftheil gelegenen, sehr ansehnlichen Pfarrkirche und deren hohem Thurme weithin sichtbar ist und von mehreren Seiten eine freundliche Ansicht darbietet. Durch Vicinalstraßen nach Nufringen, Deckenpfronn, Aidlingen und Rohrau ist der Ort mit der Umgegend in Verbindung gesetzt; überdies führt die Stuttgart-Herrenberger Landstraße nur 1/8 Stunde südlich vom Ort vorüber, durch welche| namentlich auch der Verkehr mit der 5/4 Stunden südwestlich gelegenen Oberamtsstadt hergestellt ist. Die Pfarrkirche ist von dem frühgermanischen Styl in den germanischen Styl des 16. Jahrhunderts geändert und in demselben ziemlich rein erhalten; das Langhaus wie der mit einem halben Achteck schließende, mit Strebepfeilern versehene Chor, hat ziemlich breite spitzbogige, in den Bogentheilen mit germanischem Maßwerk gefüllte Fenster, und nur an der Nordseite hat sich noch ein schlankes Spitzbogenfenster von der ursprünglichen Bauweise erhalten. Der hohe, viereckige, ganz massive Thurm, dessen Mauern eine Dicke von 10 Fuß haben, besteht aus vier Stockwerken und trägt ein einfaches Satteldach mit abgestutzten Giebelecken. Die drei unteren Stockwerke haben schießschartenartige Lichtlöcher, während sich an dem vierten auf jeder Seite ein germanisch gefülltes Spitzbogenfenster befindet; in diesem Stock hängen drei Glocken, von denen die größte die vier Evangelistennamen mit der Jahreszahl 1406 enthält, die mittlere, sehr alte, hat weder Schrift noch Zeichen, und die kleinste wurde 1761 gegossen. Das untere Stockwerk des Thurms hat ein Kreuzgewölbe, dessen Schlußstein einen leeren Wappenschild enthält; über den später eingebrochenen Eingang steht die Jahreszahl 1455. An der Westseite des Langhauses ist ein Vorbau (Paradies) angebracht, den ein Netzgewölbe deckt, auf dessen Schlußstein der heil. Veit, der Schutzpatron der Kirche, abgebildet ist. Von diesem Vorbau führt ein schön gehaltener, spitzbogiger Eingang, der mit Krappen und zu beiden Seiten mit Halbfialen verziert ist, in das Innere der Kirche. Das großartige, mit schönem Netzgewölbe gedeckte Langhaus, wird von Strebepfeilern, die in dem Inneren der Kirche aufgeführt sind, und auf jeder Langseite gleichsam vier Seitennischen bilden, unterstützt; sie enthalten ebenfalls Netzgewölbe, deren Schlußsteine schön gearbeitete Rosetten bilden. Auf den Schlußsteinen des Hauptgewölbes sind in der Richtung von Westen nach Osten folgende Figuren dargestellt 1) das Wappen der Freiherrn von Reischach, 2) eine durchbrochene Rosette, 3) das Wappen der Freiherrn von Gärtringen, 4) eine Rosette, 5) das württembergische Wappen, 6–9) die Symbole der vier Evangelisten, 10) Simeon mit dem Christuskinde und 11) die Marterwerkzeuge. Die Gewölbegurten, wie die Kreuzungspunkte derselben sind nach alter Weise bemalt und die Wände enthalten Fresken, die Propheten und Evangelisten vorstellend, welche übrigens keinen artistischen Werth haben. In der Nähe der Kanzeltreppe stehen zwei steinerne Grabdenkmale; das eine von einem Hans Bernhard von Gärtringen, † 1519, welches einen geharnischten Ritter, das Gärtringen’sche| Wappen in der Rechten haltend, darstellt, das andere von einem Hans von Gärtringen, stellt das Gärtringer’sche Wappen vor; auf den Ecken befinden sich die Wappenschilde von den Herrn von Reischach, Sternenfels, Gärtringen und Vernau. Die Umschrift dieses Grabmals lautet: Anno dom. 1559 Jar. ist gestorben der edel und vest Hans von Gärtringen genannt Harder. An der entgegengesetzten Wand hängen zwei runde Holztafeln, auf denen das Gärtringensche Wappen angemalt ist und die sich ebenfalls auf die beiden Verstorbenen beziehen. Außer diesen ist noch eine Grabtafel mit dem gemalten Wappen der Freiherrn von Gültlingen vorhanden. Mehrere unleserlich gewordene Grabsteine liegen in der Nähe der Kanzel und des Altars. Von dem Langhaus führt ein spitzbogiger Triumphbogen in den Chor, an dessen bemaltem Netzgewölbe sich folgende Schlußsteine befinden: 1) das Wappen der Freiherrn von Reischach, 2) und 3) Rosetten, 4) zwei gekreuzte Hämmer, 5) das Wappen der Freiherrn von Gärtringen, 6 u. 7) Rosetten, 8) ein Christuskopf und 9) St. Veit. Am Schluß des Chors steht mit schwarzer Farbe angeschrieben 1496. Die Gewölbegurten gehen von Consolen aus, welche Köpfe vorstellen. An der Wand steht ein Grabdenkmal, eine betende Frau vorstellend; in den beiden untern Ecken sind Wappen angebracht, von denen das eine der Familie Hornberg, das andere der Familie Harder angehört. Die Unterhaltung der Kirche liegt der Stiftungspflege ob.

Um die Kirche lag der gegenwärtig noch ummauerte Begräbnißplatz; der neue Begräbnißplatz wurde im Jahr 1731 am westlichen Ende des Dorfs angelegt und mit einer Mauer umfangen. Die freiherrliche Familie von Hiller besitzt auf dem allen Kirchhofe einen eigenen Begräbnißplatz, wofür der im Jahre 1854 gestorbene Freiherr Hiller (gewesener Landvogt) dem Ortsheiligen 100 fl. entrichtete.

Das nicht ferne (nördlich) der Kirche gelegene sehr ansehnliche Pfarrhaus wurde in den Jahren 1845–46 von der K. Hofdomänen-Kammer in einem ansprechenden, modernen Styl massiv erbaut.

Ganz nahe (westlich) der Kirche steht das große, zweistockige Schulhaus, das 1824 namhaft erweitert wurde; an der Volksschule, neben welcher seit 1838 eine Industrieschule besteht, sind zwei Lehrer nebst einem Lehrgehilfen angestellt, welche in dem Schulgebäude wohnen.

Das Rathhaus steht auf einem freien Platz im westlichen Theil des Dorfs; es ist gut erhalten und wurde vor etwa zehn Jahren renovirt.

| Das dem Freiherrn Hiller von Gärtringen als Bestandtheil seines Ritterguts gehörige, ansehnliche Schloß ist im Jahre 1728 in einem einfachen Styl erbaut worden[1]; hinter demselben liegen einige zugehörige Neben- und Öconomiegebäude und gegenüber zwischen dem Pfarr- und dem Schulhause befindet sich der ummauerte Schloßgarten. Auch ist eine hofkammerliche Zehentscheuer neuerlich in den Besitz des Freiherrn Hiller übergegangen. Außerdem gehören zu diesem adeligen Besitz 120 bis 130 auf der Markung zerstreut liegende, gegenwärtig durch einen Pächter bewirthschaftete Feldgüter und gegen 250 Morgen Waldungen.

Am westlichen Ende des Orts befindet sich ein laufender Brunnen, der gutes Wasser liefert, übrigens in trockenen Sommern sehr nachläßt; außer diesem sind noch 20 Zieh- und Pumpbrunnen vorhanden, so daß nur in außergewöhnlich heißen Sommern Mangel an Wasser entsteht und der Bedarf in dem 1/4 Stunde südöstlich vom Ort gelegenen, sog. faulen Brunnen geholt werden muß. Auf der Markung liegen überdies noch der Rösebrunnen, das tiefe Brünnle, welches nicht immer fließt, der Hartheimer Brunnen, der Kuppinger Brunnen, der in heißen Sommern versiegende Riedbrunnen und ein Brunnen im Holdergrund, der ebenfalls nicht das ganze Jahr hindurch Wasser gibt. Der erst erwähnte laufende Ortsbrunnen, bei dem früher ein Bad war[2], ist im Jahr 1559 errichtet worden. Auch wurden im Jahre 1558 daselbst zwei Linden gepflanzt, von denen eine zur Zierde des Orts noch steht; desgleichen ist von drei gleichzeitig in dem sog. Lamthal gepflanzten Linden eine noch vorhanden.

Mehrere Erdfälle befinden sich südwestlich vom Ort auf der Flur Wislingen und einer nördlich vom Heiligenwäldle.

Die kräftigen, gut gewachsenen Einwohner sind mit wenigen Ausnahmen fleißig, sparsam und zum Theil wohlhäbig, der Mehrzahl nach aber in mittelmäßigen öconomischen Verhältnissen. Ihre Haupterwerbsquellen sind Ackerbau und Viehzucht. Abgesehen von dem Besitzthum des Freiherrn Hiller (s. oben) beträgt der größte Güterbesitz 40–50 Morgen.

| Die sehr namhafte Markung ist mit Ausnahme von einigen ganz unbedeutenden Thälchen und des etwas tiefer eingefurchten Deufringer-Thals ziemlich eben; sie grenzt nördlich an die Markungen Dachtel, Deufringen und Aidlingen, östlich an Ehningen, südlich an Rohrau und Nufringen und westlich an Kuppingen, Ober-Jesingen und Deckenpfronn.

Der im Allgemeinen ziemlich fruchtbare Boden besteht meist aus einem leichten Diluviallehm, theils aus Malm (Verwitterung des Muschelkalkdolomits), theils herrscht der Thon vor; er ist durchschnittlich etwas kalt, indem die Unterlage aus einem die Feuchtigkeit nicht gerne durchlassenden Thon besteht. Aus diesem Grunde ist auch der Ertrag der Felder in trockenen Sommern großer als in nassen. Die besten Felder liegen rings um den Ort.

Die Luft ist gesund, jedoch etwas scharf; Frühlingsfröste schaden nicht selten dem Obst, dagegen ist seit 40 Jahren kein eigentlicher Hagelschlag mehr vorgekommen, auch ist Regen etwas seltener, als in der Umgegend. Die Ernte tritt 10–14 Tage nach Jacobi und 6–8 Tage später als bei Herrenberg, Gültstein etc. ein.

Die Landwirthschaft wird gut betrieben; der Flanderpflug und das einfache Joch haben Eingang gefunden, zuweilen wird auch die Walze angewendet, übrigens ist immer noch bei der Hälfte der Einwohner der deutsche Wendepflug im Gebrauch. Die Jauche wird fleißig benützt und neben den gewöhnlichen Düngungsmitteln noch Gips, Asche und Hallerde zur Besserung des Bodens angewendet.

Nach der Dreifelderwirthschaft werden die gewöhnlichen Cerealien und von diesen vorzugsweise Dinkel und Hafer gebaut; ferner zieht man Erbsen, Linsen und Ackerbohnen, letztere häufig gemischt mit dem Hafer. Kartoffeln werden im Haferfeld gezogen. In der nur zu 1/10 angeblümten Brache baut man Futterkräuter, Hanf, Kraut (Spitzkohl), Kohlraben und spärlich Flachs; Reps wird wenig gepflanzt, weil er sehr leicht erfriert. Auf den Morgen rechnet man Aussaat 7 Simri Dinkel, 4 Simri Hafer, 3 Simri Gerste, 5–6 Simri Einkorn, 21/2–3 Simri Roggen und eben so viel Weizen; der durchschnittliche Ertrag wird zu 8–9 Scheffel Dinkel, 4–5 Scheffel Hafer, 4 Scheffel Gerste, 7 Scheffel Einkorn, 2–3 Scheffel Roggen und eben so viel Weizen per Morgen angegeben. Die höchsten Preise eines Morgens Acker sind 450 fl., die mittleren 250 fl. und die geringsten 80–100 fl. Dinkel und Hafer wird häufig von den Händlern aus Deckenpfronn im Ort aufgekauft und auf die Schranne nach Calw geführt.

| Die durchgängig zweimähdigen Wiesen, ohne Wässerung, liefern gutes Futter, das aber für den Bedarf der Gemeinde nicht hinreicht, daher sich die Einwohner Wiesengründe auf der Markung Rohrau angekauft haben. Der durchschnittliche Ertrag eines Morgens Wiesen wird zu 25–30 Cent. Heu und 12–15 Cent. Öhmd angegeben und die höchsten Preise eines Morgens belaufen sich auf 500 bis 600 fl., die mittleren auf 400 fl., und die geringsten auf 200 fl.

An dem Weingartenberg, 1/4 Stunde nordwestlich vom Ort, wurde früher Weinbau getrieben.

Die Obstzucht ist ziemlich ausgedehnt; man zieht hauptsächlich Fleiner, Luiken, Reinetten, Knausbirnen, Bratbirnen, Palmischbirnen und ziemlich viel Zwetschken. Das Obst wird gemostet und gedörrt, auch ziemlich viel nach Außen verkauft. Eine Baumschule ist nicht vorhanden, die jungen Stämme müssen daher auswärts bezogen werden.

Die Gemeinde ist im Besitz von 1400 Morgen Waldungen, von denen etwa die eine Hälfte mit Nadelhölzern (Fichten und Forchen), die andere mit Laubhölzern bestockt ist; in den letzten Jahren sind übrigens hievon gegen 200 Morgen ausgestockt worden; die Nadelwaldbestände werden im 90jährigen Umtriebe, die Laubholzbestände, welche meist aus Birken, Aspen, Buchen, Haseln etc. bestehen und Eichenoberholz haben, im 30jährigen Umtriebe bewirthschaftet. Es werden jährlich 400–450 Klafter und 20–25.000 Stück Wellen geschlagen; hievon erhält jeder Bürger 1 Klafter Holz und 50 Stück Wellen, der Rest gewährt durch Verkauf einen Erlös von 1500–2000 fl. Außer diesem beträchtlichen Waldareal sind noch 112 Morgen Stiftungswaldungen vorhanden, in welchen jährlich etwa 50 Klafter und 800 Stück Wellen geschlagen werden; die Stiftungspflege bestreitet hiemit das Besoldungsholz, welches 281/2 Klafter und 300–400 Stück Wellen beträgt und verkauft den Rest um etwa 140 fl.

Was die Viehzucht betrifft, so werden Pferde zur Zucht meist auswärts gekauft. Auch die Rindviehzucht ist in mittelmäßigem Zustande; es wird hauptsächlich eine meist gelbrothe Landrace durch fünf Farren nachgezüchtet, welche nebst dem Eber für die nicht unbedeutende Schweinezucht Namens der Gemeinde von einem Ortsbürger gegen die Nutznießung von 9 Morgen Acker und 41/2 Morgen Wiesen gehalten werden. Der Handel mit Vieh, besonders mit gemästetem, ist nicht unbeträchtlich; Butter kommt viel zum Verkauf.

Die Schäferei begreift etwa 400 Stück Schafe, meist Bastarde, welche theils den Ortsbürgern, theils dem Pächter, der für die| Brach- und Stoppelweide der Gemeinde jährlich etwa 300 fl. entrichtet, gehören. Die Überwinterung geschieht im Ort und die Wolle kommt in der Umgegend zum Verkauf.

Die Zucht der Ziegen und der Bienen ist von keinem Belang. Geflügel aber wird viel gehalten und mit demselben sowie mit Eiern ein kleiner Handel getrieben.

Die Gewerbe dienen meist nur den örtlichen Bedürfnissen. Früher wurde die Zeugles-, Bänder- und Leineweberei ziemlich eifrig betrieben, auch die Wollespinnerei beschäftigte einige Personen.

Neben einer Schildwirthschaft sind zwei Bierbrauereien mit Ausschank vorhanden.

Ein Gemeindebackhaus wurde vor 14 Jahren errichtet und ein Gemeindewaschhaus besteht schon längst.

Auf der Markung befinden sich zwei Muschelkalksteinbrüche, einer am Riegelberg und der andere an der sogenannten Hub, ein Lettenkohlensandsteinbruch, 1/4 Stunde nordwestlich vom Ort, zwei Lehmgruben, eine bei dem tiefen Brünnle und die andere im Deufringer Thal; Töpferthon wird im Wald zwischen Gärtringen und Deckenpfronn gewonnen.

Die Gemeindepflege hat außer den beträchtlichen Einnahmen aus Wald, Weide etc. noch ein Kapitalvermögen von 9000 fl. und 13–14 Morgen Feldgüter, die einen jährlichen Pacht von etwa 250 fl. abwerfen. Unter diesen günstigen ökonomischen Verhältnissen, in Verbindung mit einem namhaften Stiftungsvermögen (Tab. III.), ist der Gemeindehaushalt auf eine Weise geordnet, daß innerhalb 40 Jahren nur zweimal Gemeindeschaden umgelegt werden mußte.

Das Vermögen der Stiftungspflege beträgt, ohne den Werth des Waldes, gegen 50.000 fl. Kapitalien, unter welchen sich jedoch folgende besondere Stiftungen befinden:

a) zum Besten der Hausarmen stiftete 1) Marie Salome Sattler, geb. Harter, im Jahr 1556 200 fl., von welchen die jährlichen Zinse entweder an Geld oder an Tuch ausgetheilt werden sollen; 2) Heinrich v. Hiller, Oberrath in Stuttgart († 1669), im Jahr 1661 300 fl.; 3) Regina Salome v. Rehbach im Jahr 1726 22 fl. und 4) Freiherr Hiller, K. Kammerherr und gewesener Landvogt († 1854), im Jahr 1849 100 fl. Von den drei letzteren Stiftungen sollen die Zinse jährlich am Heinrichstag ausgetheilt werden.

b) An Schulstiftungen sind 60 fl. vorhanden, deren jährliche Zinse zur Anschaffung von Schulbüchern für unbemittelte Kinder verwendet werden sollen.

| c) Zum Besten des Heiligen und zur Unterstützung desselben in seinen Ausgaben an die Armen wurden von verschiedenen Personen 270 fl. gestiftet, zu denen Anne Marie Lutz, geb. Eipperle, 200 fl. beitrug.

Den nun abgelösten großen Zehenten hatte die K. Hofdomänenkammer, mit Ausnahme von 40 Morgen, von denen dem Freiherrn Hiller der sogenannte Frauenzehenten entrichtet wurde, den kleinen Zehnten aber die Pfarrei zu beziehen. Bei den abgelösten Gülten, Hellerzinsen und Küchengefällen waren das Stift Herrenberg, die örtliche Stiftung, der Freiherr Hiller und die Gemeinde betheiligt.

Die Besetzung der Pfarrei hängt von der K. Collatur ab. Der erste evang. Pfarrer war Sigismund Geyling von 1551 bis 1558 (siehe Binder Kirchen- und Lehrämter Wirtembergs 1, 487).

Etwa 1/2 Stunde nordwestlich vom Dorf lag der längst abgegangene Ort Hartheim, von dem eine daselbst befindliche Quelle, der „Hartheimer Brunnen“ und ein dahin ziehender Weg der „Hartheimer Weg“ genannt wird.

Oben an dem steilen Rande des Deufringer Thals, 1/2 Stunde nördlich von Gärtringen, stand die Edelburg, von der noch Graben, Wall und Spuren von verfallenen Gewölben vorhanden sind.

Einige Flurnamen, die auf ehemalige Wohnorte schließen lassen, wie „zu Wislingen“ und „zu Bührlingen“, kommen 1/8 Stunde westlich vom Ort vor.

Gärtringen, ursprünglich pfalzgräflich-tübingisch, kam den 10. Februar 1382 mit Herrenberg an Würtemberg. „Der Kirchensatz zu Gertringen ist mins Herren. Diu järlich Stiur ist XX Pf. Heller. Daz Geriht ist mins Herren, Zwing, Benne und Valle“ sagt die gleich darauf im Jahr 1383 über die neue württembergische Erwerbung gemachte Aufnahme, welche auch einen herrschaftlichen Gülthof, die Korngülten etc. aufzählt (Schmid 504).

Der Ort hatte seinen eigenen, ursprünglich unter den Pfalzgrafen von Tübingen stehenden Adel, dessen älteste bekannte Glieder Sigfried und sein Sohn Eticho, beide gegen das Kl. Hirschau wohlthätig (Cod. Hirs. 50b.), ferner Wanger und die Gebrüder Adelbert, Walther und Luitfried (ib. 60a.) in der Mitte des 12. Jahrhunderts vorkommen. Wernher von Gärtringen, Ritter, erscheint im Jahr 1271 (Urkunde bei Haug zu Chron. Sindelf. S. 34, und bei Mone Zeitschr. 1, 375). Heinrich von Gärtringen beschenkte den 3. Sept. 1290 mit Einwilligung seiner Söhne| Wernher und Swiker zum Seelenheil seiner Gemahlin, geb. v. Osweil, das Kloster Herrenalb (Grabstätte mehrerer Familienglieder) mit Zinsen von Gütern in Weiler und Nöttingen (Mone Zeitschr. 2. 356), wie denn auch einer seiner Nachkommen, der Edelknecht Heinrich, das nahgelegene Kloster Frauenalb mit dem Kirchenpatronat in Ober-Wössingen bei Bretten begabte (Remling Urk.-Buch zur Gesch. der Bisch. zu Speyer. Jüng. Urk. 301). Ein weiterer Sohn Heinrichs hieß Reinhard (1308. Mone 5, 356); ein jüngerer Heinrich und Reinhard von Gärtringen verkauften den 8. März 1342 an das Gotteshaus in Hildrizhausen das halbe Holz Lindach für 70 Pfund mit Zustimmung des Pfalzgrafen Konrad Scheerer von Tübingen; Albrecht Röffeli von Gärtringen veräußerte den 23. April d. J. an den ebengenannten Pfalzgrafen Konrad zwei Hölzer bei Rohrau. Später kommen in dieser Familie auch vor die Namen Heinrich Röfli (Schmid 455. 456), Eberhard, Hans etc. Im Jahr 1423 erkauften die Grafen Ludwig und Ulrich von Württemberg von Heinrich von Gärtringen, Vogt zu Kaisersberg, seine eigenen Leute zu Darmsheim, Döffingen, Hausen, Mönsheim, Iptingen, Rieth, Heimerdingen, Monakam, Haugstädt und Münklingen (Steinhofer 2, 721). Reinhard von Gärtringen erwarb von dem Deutschordenscomthur Georg von Waldeck im Jahr 1482 das Ordenshaus in Winnenden, das er aber schon 1488 an Württemberg abtrat.

Das Wappen der Familie waren zwei aufrecht stehende Sicheln mit gegeneinander gekehrten Rücken. Vetter dieser Herren von Gärtringen (Mone Zeitschr. 1, 243) sind die Herren von Gärtringen, genannt Harder; es kommen vor: Konrad der Harder im Jahr 1335, mehrere Bertholde, Hanse etc. Mit dem am 20. März 1559 gestorbenen und in Gärtringen begrabenen Hans erlosch diese Linie.

Von auswärtigen Familien waren hier begütert die Herrn von Waldeck (Renhard von Waldeck verkaufte den 12. Jan. 1379 seine Rechte an Vogtei und Gericht zu Gärtringen an Pfalzgraf Konrad um 40 Pfund), die von Ow (Hans von Ow veräußerte den Grafen Ludwig und Ulrich 1424 seine Güter und Rechte daselbst), die Sölr von Richtenberg (Schmid 410, Urk. 162), die von Heimerdingen u. a. (Schmid Urk. 172).

Die Besitzer des hiesigen adeligen Guts, mit welchem übrigens die der Herrschaft Württemberg zustehende hohe und niedere Gerichtsbarkeit nie verbunden gewesen, waren seit der Mitte des 16. Jahrhunderts: Hans Harder bis 1559, hierauf nach, zum Theil neben einander, Sebastian von Wobidezki ein Böhme, Gemahl der| hinterlassenen Wittwe Hans Harders, Mich. von Dachenhausen, Franz Kurz, Kammersekretär, Melchior Jäger von Gärtringen, württ. Geh. Rath[3], Hans Jacob und Eberhard von Worbidezki, Alexander Schäfer von Freyling und Dachsberg, Wolfgang Eberhard von Dachenhausen, Wilhelm Fetzer von Ockenhausen, Johann Christ. von Remchingen, Joh. Heinrich v. Hiller, württ. Oberhofgerichtsrath († 1689).

Letzterer, dessen Vater, Heinrich, von Kaiser Ferdinand II. in den Adelsstand erhoben worden war, erkaufte zusammen den vormals von Melch. Jäger besessenen Wald, die Edelburg genannt, nebst einzelnen der Gemeinde Gärtringen gehörigen Güterstücken, ferner das Remchingische Gut, und erbte die sogenannten Hartheimer und Heimerdinger Lehen von dem herzoglichen Rath und Kammersecretär Johann Sattler (dem Großvater seiner Gemahlin Agnes), welchem seiner vieljährigen Dienste wegen von dem Herzog Johann Friedrich in den Jahren 1610 und 1616 diese dem herzoglichen Hause heimgefallenen Lehen mit allen darauf haftenden Gerechtigkeiten, Privilegien und Freiheiten durch einen freien Gnadenkauf um 4500 fl. ganz so als freies Eigenthum überlassen wurden, wie solche Hans von Gärtringen, genannt Harder, als der letzte seines Stammes, zu Lehen getragen.

Die von Johann Heinrich v. Hiller besessenen Güter zu Gärtringen gingen, da er ohne Kinder gestorben, als ein von ihm gestiftetes, nach dem Recht der Erstgeburt zu vererbendes Familienfideicommiß durch ein Testament zunächst auf seinen minderjährigen Neffen, den nachmaligen herzoglich württembergischen Geheimen Rath und Reichstagsgesandten Johann Hiller († 1715) über (welchem Kaiser Leopold I. im Jahr 1703 unter Erneuerung dieses Adels das Recht sich „von Gärtringen“ zu schreiben verlieh), sodann auf dessen ältesten Sohn und von diesem in ununterbrochener Reihenfolge auf den jetzigen Besitzer Freiherrn Friedrich Rudolf, K. Kammerherrn und vormaligen fürstlich hechingischen Oberjägermeister. (Vergl. über die auch in Preußen blühende Familie der Freiherrn v. Hiller, Cast Adelsbuch 228, Zedlitz-Neukirch, Neues preuß. Adelslex. 2, 391.)

Der Pfarrsatz war ursprünglich pfalzgräflich-tübingisch und kam mit dem Dorfe selbst an die Herrschaft Württemberg. Ein früher hiesiger Kirchherr (rector) ist Pfaff Syfried genannt, am| 6. Febr. 1347 im Herrenberger Theilungsbrief und in der Urkunde Pfalzgraf Rudolfs von Tübingen vom 23. Oct. 1351 für das Kloster Hirschau.

Am 22. December 1456 wurde Kirche, Kirchensatz mit Zugehör von dem Grafen Ludwig von Württemberg dem neuen Stifte Herrenberg überlassen (Sattler Grafen 2 Beil. Nr. 105), bei welchem Anlaß der letzte Pfarrherr Volmar von Mansperg, welcher Antheil am Zehnten hatte, durch ein Canonicat in Herrenberg entschädigt wurde. Es hatten hier neben der Pfarrei zwei Caplaneipfründen bestanden, 1) zu St. Peter und Paul, und 2) zu St. Ulrich und eine Frühmeßpfründe St. Jacobs, welche letztere Württemberg jederzeit allein verlieh.

Zur Geschichte des Aberglaubens gibt die Teufelsaustreibung, welche Pfarrer Enslin im Jahr 1766 hier vornahm, einen Beitrag (Württ. Jahrb. 1825, 182).



  1. Über dem Eingang des Schlosses sind die Wappen der Familien v. Hiller und v. Preysing angebracht.
  2. Im Jahre 1562 wurde von der Gemeinde die Badstube an Ludwig Renninger von Renningen für 170 Pfd. mit der Bestimmung verkauft, daß die Badstube allen oneribus unterworfen sein solle, dagegen hat die Commun versprochen, dem Bad jährlich 25–26 Klafter Holz zu liefern. Im Jahr 1601 ist die Badstube an Michael Stöckle um 290 fl. verkauft worden (s. Ortschronik S. 19–20).
  3. Von diesem ertauschte noch den 8. Mai 1607 Herzog Friedrich von Württemberg hiesige Güter und Rechte gegen das Schloßgut in Klein-Ingersheim (Scheffer 136).


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