Gaststätten und erstes Public-Viewing
Am Samstag bot der Verein Zeitsprung erneut zwei Ortsrundgänge in Gärtringen an. Trotz der musikalischen Unterhaltung und kulinarischen Genüsse des Bürger- und Kinderfests im historischen Ortskern von Gärtringen machten sich etwa 30 Interessierte auf den Weg durch die Vergangenheit des unteren Fleckens.
Elisabeth Zangenfeind und Hanne Weber starteten am Blumencafe „Alte Schule“ mit Geschichten zum „Schüle“ und den beengten Verhältnissen in der alten Schule mit Bollerofen. Hier fand auch nach dem zweiten Weltkrieg eine Schulspeisung, genannt die „Hover Speisung“, statt. Die Kinder mussten nach den Jahren der Not wieder zu Kräften kommen. Mit einem Blick die Hindenburgstraße hinunter zum ehemaligen Kino kamen die ersten Stadtgefühle auf. Dies war eine willkommene Abwechslung zum arbeitsreichen Leben und ein Tor zur ganzen Welt. Heute erinnert nur noch das Wohnhaus an diese Zeit, in dem auch die Post schon untergebracht war. Mit Informationen zu schon längst abgerissenen Bauernhäusern und dem Kaufhaus Röder ging es weiter zum Kriegerdenkmal. Hier hatte man einen freien Blick in den „unteren Flecken“. Einst zählte Gärtringen etwa 30 Gaststätten, die sich wie Perlen an einer Schnur entlang der Hauptstraße und der Bismarkstraße und in den vielen alten Straßen reihten. Diese Gaststätten waren nicht nur Orte des leiblichen Wohlbefindens, sondern auch soziale Treffpunkte. Jede Gaststätte hatte ihren eigenen Charme und trug zur Vielfalt des Dorflebens bei.
Nicht nur Gaststätten gab es zu Genüge auch die Nahversorgung mit zahlreichen Tante-Emma-Läden und Bäcker, die auch den Ofen für den eigenen Sonntagskuchen bereithielten, gab es in Gärtringen. Kurze Wege und wenig Verpackung zu dieser Zeit selbstverständlich. In den familiengeführten Läden ob Metzger, Bäcker oder Lebensmittelladen wurde nicht nur eingekauft. Hier teile man auch die neusten Geschichten und Erlebnisse. Das erste Public Viewing beim Elektro Müller zur WM 1954 ist ebenfalls noch vielen in Erinnerung. Auch wenn es nur ein kleiner Fernseher war, die Scheune war gefüllt und das Dabeisein wurde für jeden ein Erlebnis. Über die Hauptstraße führte der Weg zum Rathaus, viele alten Bilder ergänzten die Geschichten. Eine Barackensiedlung, die eine der ersten Unterkünfte der Vertriebenen war, stand dort wo heute Rasen und Bäume den Rathausvorplatz zieren. Später wurden die ersten Mehrfamilienhäuser, auch mit Spenden der Gärtringen Bevölkerung, weiter unten an der Hauptstraße gebaut. Aber auch diese wurden vor einigen Jahren abgerissen. Vor der Bahnhofsgaststätte, heute Pizzeria, gab es noch einiges über den Kiosk mit Kerzenlicht und die Tankstelle Widmann zu sehen und zu hören. Beim Rückweg über die Goethestraße, vorbei am Bürgermeisterhaus und der Polizeistation wurde an der katholischen Kirche nochmals Halt gemacht. Informationen über die schon immer funktionierende Zusammenarbeit der evangelischen und katholischen Gemeinde weckten so manche Erinnerung. Auch an einen tanzenden Pfarrer an katholischen Hochzeiten. Mit der Erkenntnis, dass das Leben in Gärtringen schon immer einen eigenen Charm hat entließen Elisabeth Zangenfeind und Hanne Weber die Gruppe wieder in den Trubel des Bürger- und Kinderfestes.