Hier möchten wir sowohl berühmte Gärtringer und Rohrauer Dichter und Denker vorstellen, wie auch Gedichte aus dem Volksmund.

SieburgFriedrich

Friedrich Sieburg, geboren 1893 in Altena, gestorben 1964 in Gärtringen, wirkte unter anderem als Schriftsteller, Literaturkritiker, Frankreich-Korrespondent und Leiter des Literaturblattes der FAZ. Von 1951 bis zu seinem Tode weilte der Publizist in Gärtringen und verfasste dabei seine einflussreichsten Schriften.

Die Gärtringer Villa Schwalbenhof beherbergt die eine literarische Gedenkstätte und Ausstellung über Sieburg.

Auszüge aus den Notizen für die Sammlung volkstümlicher Überlieferungen in Württemberg

Als Konferenzaufsatz auf 1. Dez. 1900 von Schullehrer Fischer, Rohrau

Volksdichtung:
Volkslieder:
Die Lieder Nro.1 - 6 sind von alten Männern, Nro. 4 - 10 von jungen Mädchen.
Nro. 1 - Edle Freiheit, du mein Leben
Edle Freiheit, du mein Leben
Schnell fließt meine Zeit dahin,
Schnell fließt meine Zeit dahin.
Ach in Trauer muß ich leben,
Weil ich ein Soldat jetzt bin,
Weil ich ein Soldat jetzt bin.
Schon in meinen jungen Jahren
Mußt ich in Soldatenstand.
:/ Da bekam ich graue Haare
Mit zurück ins Vaterland. /:
Einstmals ward ich angetroffen,
Als ich einen Fehler thu,
:/ Heißt es gleich: Er ist besoffen,
Führt ihn auf die Hauptwach zu! /:

Nro. 2 - Es stehen drei Sterne am blauen Himmel
Es stehen drei Sterne am blauen Himmel,
Die geben der Welt ihren Schein.
Gott grüß sie euch schöne Jungfrauen,
Wo stell ich`s mein Pferde hinein,
Wo stell ich`s mein Pferde hinein?
Nimm du es dein Pferde beim Zügel, beim Zaum,
Binds an den Feigenbaum,
Und setz dich eine kleine Weil nieder,
:/ Eine kleine Weil nieder und ruh! /:
Darfs auch nicht sitzen, darfs auch nicht ruhn,
Darfs auch nicht fröhlich sein;
Mein Herze möchte mir es zerspringen,
:/ Herzallerliebste, von wegen dem dein. /:
So geht's, wenn ein Mädchen zwei Knaben will haben
Thuts wunderselten ein gut.
Wir beide, wir habens erfahren,
:/ Was falsche Liebe nicht thut. /:

Nro. 3 - Und es fallt mer halt so schwer
Und es fallt mer halt so schwer
Voneinander zu gehen,
Leb nur wohl, leb nur wohl!
Auf das Wieder-um-zu-sehn!
Bist a hübsche Doandl,
Bist a feine Doandl,
Aber mei Doandl bist du`s net!
Will der `s Maule macha,
Will de ause lacha,
Aber heirate thua de net!

Nro. 4 - Ich bin ein lust`ger Jägersknecht
Ich bin ein lust`ger Jägersknecht,
Schieß auch recht,
Schieß auf einen grünen Specht.
Und der Specht hat grüne Federn.
Wohl durchs Gebüsch!
Wenn ich ihn erwisch
Schieß ich ihm aufs Leder.
Und was ein Jäger haben soll,.
Hab ich schon.
All meine Taschen, die seins voll,
Pulver und Blei; und eine Kugel
Schieß ich fix
Aus meiner Büchs
Nach einem Vogel.
Stell mich unter die Linde hin
Mit Plaisier (?),
Wollt auch sehen, was da passier.
Hier und dort ist nichts zu finden,
Als hier und dort
Und an jenem Ort
Unter jener Linden.
Stell mich unter die Kammerthür
Mit (Plaisier(?)) Gewehr,
Wollt auch sehen, was da passier.
Liebchen hebt die Hand in d` Höhe.
Vor ihrem Bett
Stand sie so nett
Und fangt die Flöhe.
Hätt` sie mir ein Wort gesagt
Von der Jagd,
Hätt` so gern eins mitgemacht.
Will mich das auch nicht verdrießen
Daß ich kann
Die ganze Nacht
Kein Wildbret schießen.

Nro. 5 - Noch so eins, noch so zwei
(ist ein kleins Stupferle:)
1. Noch so eins, noch so zwei,
Dann wolle mer heimwärts gea..
Noch so eins, noch so zwei,
Dann woll mer heim.
Die, wo scho heim wölla gau,
Die wern koa Geld mehr hau.
Noch so eins, noch so zwei,
No gehen mer heim!

Nro. 6 - Mutter mir thuat `s Bauchele weh
ist ein Spottlied, das früher die Bursche den ledigen Mädchen gesungen haben, welche schwanger wurden. Dasselbe hat noch 3 Verse, welche aber zu derb sind, so daß sie hier nicht aufgezeichnet werden können.
Mutter mir thuat `s Bauchele weh,
Bauchele weh.
Glaub, du muaßt zum Dokter geh`n,
Hin, hin, hin, han, han. han
Glaub, su muaßt zum Dokter geh`n.

Nro.7 - Nun ist die Zeit und Stunde
Nun ist die Zeit und Stunde,
Wir reisens nach Amerika.
Der Wagen steht schon vor der Tür,
Mit Weib und Kinder ziehen wir.
Der Wagen steht schon vor der Tür,
Mit Weib und Kinder ziehen wir.
Ihr Freunde all und Anverwandt`,
Gebt mir zum letzten mal die Hand!
:/ Ihr Freunde, weinet nicht so sehr!
Wir sehen einander nimmermehr. /:
Nun kommen wir aufs hohe Meer;
Der Wind treibt uns bald hin, bald her.
:/ Wir fürchtens keine Wassersg`fahr
Und denken: Gott ist überall. /:
Jetzt kommen wir nach Baltimore,
Dort heben wir den Hut empor
:/ Und rufens laut: Viktoria!
Jetzt sind wir in Amerika! /:
Jetzt kommen wir in d`Stadt hinein,
Im ersten Wirtshaus kehr`n wir ein
:/ Und Trinkens eine Flasche Wein
Und lassens Deutschland Deutschland sein. /:
Jetzt will ich meinem Bruder schreiben,
Er soll nicht mehr in Deutschland bleiben,
:/ Er soll verkaufen, was er hat,
Und ziehen nach Amerika. /:

Nro. 8 - Ich ging einmal bei (?) nächtlich stiller Heide
Ich ging einmal bei (?) nächtlich stiller Heide,
Des Nachts bei hellem Mondenscheine
Sah ich von fern ein Mädchen stehn.
Die war so schön wie eine Rebe,
Die war bei Gott, so wahr ich`s lebe,
So schön, wie ich`s noch nie gesehn.
Als sie mich sah, da wollt sie fliehen,
Aber unfruchtbar war ihr Bemühen,
Ich faßte sie beim Kleid und sprachs:
Ei Mädchen willst du mich verlassen,
Willst du mich lieben oder lassen?
Ihre Antwort war ein leises Ja.
Wir setzten uns im Grünen nieder.
Ich küßte sie und sie mich wieder,
Wir kannten uns vor Liebe kaum
Und so verschwand sie unter Küssen -
Wollt ihr das Lied noch weiter wissen?
Ich wachte auf - es war ein Traum.

Nro. 9 - Zwei verliebten sich in einem Sinn
Zwei verliebten sich in einem Sinn
Sie liebten sich in Demut hin.
Sie liebten sich so inniglich,
Das Schicksal traf sie sicherlich.
Sie liebten sich so inniglich,
Das Schicksal traf sie sicherlich.
Der Jüngling wollt auf Reisen gehen,
Sein Liebchen läßt er traurig stehn.
:/ Die Mutter spricht: ,Mein liebes Kind,
Du weinst dirs deine Äuglein blind." /:
,Ach Mutter, das hat keine Not.
Ich wollt, ich wärs bei meinem Gott;
:/ Für mich giebts keine Freude mehr;
Wenn ich nur nie geboren wär`./:
Die Mutter schrieb auf dieses Wort
Einen Brief an den Geliebten fort,
:/ Wenn er nicht kehre bald zurück,
Verloren wär` sein schönstes Glück. /:
Der Jüngling macht sich aus der Fern`,
Er kehrt zu seinem Liebchen gern.
:/ Aber ach! Aber ach! Was da geschah,
Als er sein krankes Liebchen sah. /:
Er nahm sie weinend in seinen Arm,
Sie wurd schon kalt und nicht mehr warm,
:/ Sie wurd schneeweiß wie ein Engelein
In seinen Armen schlief sie ein. /:
Er ließ sich machen ein schwarzes Kleid
Von wegen seiner Traurigkeit,
:/ Dies trug er sieben volle Jahr,
Bis daß sein Liebchen vergessen war. /:
Er ließ sie setzen wohl ein`n Grabstein,
Ein`n Stein aus lauter Marmor fein,
:/ Auf diesen soll geschrieben sein:
Hier ruht mein Liebchen ganz allein. /:

Nro. 10 - Wo gehst du`s hin, du Stolzer?
Wo gehst du`s hin, du Stolzer?
Was hab ich dir Leides gethan?
Du gehest an mir vorüber,
Du schauest mich gar nicht mehr an.
Du gehest an mir vorüber,
Du schauest mich gar nicht mehr an.
Die Blumen, die seins gewachsen,
Ein ganzer Garten voll.
:/ Mein Schatz, der liebt eine andere,
Ju, ja! das weiß ich wohl. /:
Es flogen drei schneeweiße Tauben
Wohl über den Tannenwald.
:/ Im Sommer, da ist es so lieblich,
Und im Winter, da ist es so kalt. /:*
Kinderlieder.
Ringa, renga Raja
`s Kätzle goht ge Maja,
Holt em Vadder Schnupfdabagg,
Schreiet alle quak, quack, quack,
Hurratsch!*
Kinder wollen Körbchen flechten,
Haben ja kein Stroh dazu,
Wollen mir ein Mädchen nehmen,
König, Kaiser, geh zur Ruh.
N. du, N. N. du,
Schließ das Körbchen weiter zu!*
Blauer, blauer Fingerhut
Steht den Mädchen gar zu gut.
Mädchen, du mußt tanzen
Mit deinem blauen Kranze!
Mädchen, du mußt stille stehen!
Mädchen, du mußt niederknien!
Mädchen, du mußt auferstehen
Und dir einen zill" (?) !*
Wenn sich das Kind wehgetan:
Drei Tag Regen, drei Tag Schnee,
Morga thuats nemme weh!*
Storch, Sdtorch, Schniebel, Schnabel
Mit dein`ra langen Haigabel,
Fliag übers Becka Haus,
Hol mer zwe Wegga raus,
Mir oan, dir oan,
Ond de baise Buaba koan!*
Schneck, Schneck, streck` deine lange Hoarn raus,
Oder i schmeiß de übers Herraberger Thoar naus.*
....
Ges.
Kgl. BSchI
Weber
 
Quelle: Landesstelle für württembergische Volkskunde, Stuttgart
Transskription: Reinhard Caspers, Oberndorf a.N., 2004
Kursiv geschriebene Texte sind Ergänzungen des Transskriptors.